Goldberg Variationen - ein Angebot gefunden

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Neun Monate zog sich der Pianist Alexandre Tharaud zurück, um sich ganz den Goldberg Variationen von Johann Sebastian Bach widmen zu können. Das Vorhaben schien gewaltig, denn er war schon als Kind von den Einspielungen Glenn Goulds tief beeindruckt. Doch anstatt sich mit seinem Vorbild zu messen, fand Tharaud einen ganz eigenen Zugang zu den Bach-Werken. Zunächst half ihm dabei der Abstand während seines Sabbaticals, später das Publikum mit seinen Reaktionen in den ersten Konzerten, in denen er die "Goldberg Variationen" vortrug. "Es war wunderbar, jede Note aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, stundenlang mit jedem einzelnen Takt zu verbringen", sagt Tharaud. "Um Bach zu spielen, muss man zur Bescheidenheit finden, zur Demut." Bach komponierte die "Goldberg Variationen" ohne jede Tempobezeichnung, weswegen die Fassungen zwischen 39 Minuten, wie sie der frühe Glenn Gould 1955 spielte, bis hin zu 80 Minuten variieren. Alexandre Tharaud füllt 75 Minuten mit seiner Version und reizt damit die technischen Wiedergabemöglichkeiten einer CD aus. Dabei ist seine Spielweise keineswegs behäbig, sondern bietet ein ausgefeiltes Verständnis der 30 Variationen, die mit einer Aria beginnen und enden. Mit einer konsequent eigenen Musiksprache, wie sie nur wenige Pianisten beherrschen, folgt der 46-jährige Pianist zunächst einem klar getakteten Rhythmus. In Variation vier verlässt er allerdings die bekannten Pfade und vertraut - zunächst kaum merklich - immer mehr seiner eigenen Intuition. Dabei pendelt das Klavier zwischen virtuosen Passagen und Jazz-Anklängen, zwischen dominanten Forte und gehauchten Pianissimi bis hin zum verzierungsreich versetzten Spiel eines Cembalos wie in Variation 16. Das ist markant, berührt aber wie in Variation 25 oder 26 tief wie schon lange nicht mehr und führt wie in Variation 28 zu einem komplett neuen Höreindruck.Birgit Schlinger.

Kategorie: Musik
Daten vom 04.03.2016 15:32h
ISBN (andere Schreibweisen): 82-564-6051-2, 978-82-564-6051-9