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9783941206908 - Gutknecht, Günther: Die Schwestern Krimi 311 S. Deutsch 2015
Gutknecht, Günther

Die Schwestern Krimi 311 S. Deutsch 2015 (2015)

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ISBN: 9783941206908 bzw. 3941206907, in Deutsch, 311 Seiten, Krapp & Gutknecht Verlag GmbH, neu, Erstausgabe.

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Azurblau - jeder nannte es azurblau. Der strahlend blaue Himmel gibt dem Meer die Farbe - himmelblau. Ein unhaltbares Klischee. Das Blau war viel dunkler als die Farbe des Himmels und von solcher Intensität, dass er stehen geblieben war, um dieses Blau in sich aufzunehmen, aufzusaugen, um es nie mehr vergessen zu können. So stand er minutenlang, ehe er sich besann und den steinigen Hang hinunterlief, dem Blau entgegen. Aber das zog sich hin. Er glaubte sich dem Meer viel näher, als er es tatsächlich war. Nach mehr als einer halben Stunde hatte er erst den steinigen Hang hinter sich gelassen, die Strecke, die er noch zurücklegen musste, würde mindestens ebenso lange dauern. So ging er weiter. Die Sonne glühte auf seinen Haaren, doch unverdrossen beschleunigte er seinen Schritt. Nun, auf Augenhöhe mit dem Blau, veränderte sich das Farbspektakel. Das Blau verlor sich in einem flirrenden Geglitzer auf der Oberfläche des Meeres, die fortwährend in Bewegung zu sein schien und sich so ständig veränderte. Erst nahe des Horizontes fand er das zuvor noch nie gesehene Blau wieder. Schließlich erreichte er den Strand. Er stapfte über unzählige kleine Steine, bis er das Wasser endlich erreicht hatte. Er watete ein kleines Stück hinein. Das Wasser um ihn herum war hier nicht mehr blau. Es erschien ihm bald weiß, bald braun und dann wieder grün, aber nicht blau. Das atemberaubende Blau zeigte sich ihm erst wieder, als er den Blick hob. 10 Erschöpft ließ er sich auf die Knie fallen. So verharrte er lange, während die sanfte Dünung das Wasser bis über seine Hüfte ansteigen und dann wieder zurückfließen ließ. Begleitet wurden diese rhythmischen Bewegungen von einem feinen Rauschen und Gurgeln, das anund abschwoll, das hin und wieder gänzlich gegen die ansonsten gleichbleibende Rhythmik in ein Klatschen überging, wobei ihm unzählige Wassertropfen gleichsam einer Dusche ins Gesicht schossen und kühle, feuchte Flecken auf seinem Hemd hinterließen. In dem Augenblick, als sich das Wasser gerade wieder einmal zurückzog, verdunkelte sich die Wasserfläche vor ihm etwas, und er drehte sich rasch um. Er erkannte eine weibliche Gestalt mit wehenden, langen, roten Haaren, und er erhob sich augenblicklich. Die Gestalt lächelte. Sie trug ein weißes Gewand, das bis in das Wasser reichte. Wer bist du?, frage er. Die Weißgewandete lächelte bei dieser Frage noch mehr, streckte die Hand nach ihm aus und sagte: Komm. Er ließ sich bedenkenlos von ihr führen. Da begann die Weißgewandete zu singen. Sie sang ohne Worte, und die melismatischen Figuren ihres Gesangs drangen in seine Seele und ergriffen Besitz von ihm. So erreichten sie bald einen Pinienhain. Die Fremde beendete ihren Gesang, und die beiden setzten sich in den Schatten der Bäume. Wer bist du?, fragte er erneut. Sie saßen sich gegen über, und sie ergriff mit ihren Händen die seinen und sagte: Ich bin Leukosia. Leukosia? Das klingt griechisch. Leukosia? Es gibt einen Mythos über Leukosia, genannt die Weiße. 11 Ich bin Leukosia, fing die Weißgewandete wieder zu sprechen an, und jetzt sah er, dass ihr weißes Gewand durchscheinend war und dass sie nichts darunter trug. Ich bin Leukosia, die Weiße, und jetzt erst gewahrte er ihre Augen, grüne Augen, geheimnisvolle und undurchdringliche Augen. Da bereute er, dass er mitgegangen war, mit ihr - diesen Weg, zu diesem Pinienhain, wo sie jetzt saßen. Und er begriff, was er, was jedermann wusste, dass es Wege gibt, die unumkehrbar sind, und schlimmer noch, die Handlungen, die Geschehnisse sind es. Selbst wenn er alleine den Weg dahin zurückginge, wo er hergekommen war, den Weg mit Leukosia war er dennoch gegangen - unumkehrbar. Du hast mich gesucht, und du hast mich gefunden, sagte Leukosia und umschlang ihn. Fahrian erwachte. Er brauchte etwa eine Minute, um sich zurechtzufinden. Es war noch dunkel im Zimmer, und er sah auf den Wecker: halb vier. Neben sich hörte er das gleichmäßig sanfte Atmen von Anna. Er betrachtete ihre Silhouette, die sich im Dunkeln abzeichnete. Sie lag auf dem Bauch, einen Arm hatte sie unter das Kopfkissen geschoben. So schlief sie immer. So schlief sie zumindest immer, wenn sie friedlich schlief, wenn sie mit sich und der Welt im Reinen war. Das war selten genug der Fall. Er richtete sich auf und schob sein Kopfkissen hinter seinen Rücken. Er war verwirrt, weil er wusste, dass er geträumt hatte, schlecht geträumt hatte, wie so oft in letzter Zeit. Das hatte vor sechs oder sieben Jahren begonnen, dann eine Zeit lang aufgehört, sodass er 12 glaubte, es wäre vorbei. Dann kamen sie wieder, diese Träume, so wie diese Nacht. Er bemühte sich, das Geträumte ins Bewusstsein zu holen, doch mehr als eine weiße Gestalt am Strand eines tiefblauen Meeres kam ihm nicht in den Sinn. So war das immer, und er fragte sich, warum er glaubte, schlecht geträumt zu haben. Er konnte sich ganz selten an die Träume erinnern. Meist blieben ihm nur einzelne Bilder, so wie in dieser Nacht. Er schüttelte den Kopf und schaute nach rechts, wo Anna leise ein- und ausatmete, ganz leise, kaum hörbar. Er schaute sie lange an, und er wünschte sich, die NACHT hätte nie begonnen. Er spürte einen kühlen Luftzug und bemerkte erst jetzt, dass sein Kopf glühte und sein Haar verschwitzt war. Er bewegte sich vorsichtig aus dem Bett und ging ins Bad, ohne Licht zu machen. Am Waschbecken ließ er eine Weile kaltes Wasser laufen. Dann hielt er die Hände in den dünnen Wasserstrahl, um das Wasser aufzufangen. Er kühlte damit sein Gesicht. Das wiederholte er mehrere Male, bis er das Gefühl bekam, dass sein Kopf zu glühen aufgehört hatte. Er trocknete sein Gesicht ab, auch seine Haare, so gut es ging und schlich dann zurück in sein Bett. Er blieb aufrecht im Bett sitzen, mit dem Kissen im Rücken. Er schaute Richtung Fenster, das weit offen stand. Von der Straße unten war kaum etwas zu hören. Das war nicht verwunderlich um diese Zeit. Er sah wieder nach Anna, und strich ihr vorsichtig über das Haar. 2015, Gebunden, Neuware, 470g, 1/2015, 311, Sofortüberweisung, PayPal, Banküberweisung.
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Gutknecht, Günther

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Azurblau - jeder nannte es azurblau. Der strahlend blaue Himmel gibt dem Meer die Farbe - himmelblau. Ein unhaltbares Klischee. Das Blau war viel dunkler als die Farbe des Himmels und von solcher Intensität, dass er stehen geblieben war, um dieses Blau in sich aufzunehmen, aufzusaugen, um es nie mehr vergessen zu können. So stand er minutenlang, ehe er sich besann und den steinigen Hang hinunterlief, dem Blau entgegen. Aber das zog sich hin. Er glaubte sich dem Meer viel näher, als er es tatsächlich war. Nach mehr als einer halben Stunde hatte er erst den steinigen Hang hinter sich gelassen, die Strecke, die er noch zurücklegen musste, würde mindestens ebenso lange dauern. So ging er weiter. Die Sonne glühte auf seinen Haaren, doch unverdrossen beschleunigte er seinen Schritt. Nun, auf Augenhöhe mit dem Blau, veränderte sich das Farbspektakel. Das Blau verlor sich in einem flirrenden Geglitzer auf der Oberfläche des Meeres, die fortwährend in Bewegung zu sein schien und sich so ständig veränderte. Erst nahe des Horizontes fand er das zuvor noch nie gesehene Blau wieder. Schließlich erreichte er den Strand. Er stapfte über unzählige kleine Steine, bis er das Wasser endlich erreicht hatte. Er watete ein kleines Stück hinein. Das Wasser um ihn herum war hier nicht mehr blau. Es erschien ihm bald weiß, bald braun und dann wieder grün, aber nicht blau. Das atemberaubende Blau zeigte sich ihm erst wieder, als er den Blick hob. 10 Erschöpft ließ er sich auf die Knie fallen. So verharrte er lange, während die sanfte Dünung das Wasser bis über seine Hüfte ansteigen und dann wieder zurückfließen ließ. Begleitet wurden diese rhythmischen Bewegungen von einem feinen Rauschen und Gurgeln, das anund abschwoll, das hin und wieder gänzlich gegen die ansonsten gleichbleibende Rhythmik in ein Klatschen überging, wobei ihm unzählige Wassertropfen gleichsam einer Dusche ins Gesicht schossen und kühle, feuchte Flecken auf seinem Hemd hinterließen. In dem Augenblick, als sich das Wasser gerade wieder einmal zurückzog, verdunkelte sich die Wasserfläche vor ihm etwas, und er drehte sich rasch um. Er erkannte eine weibliche Gestalt mit wehenden, langen, roten Haaren, und er erhob sich augenblicklich. Die Gestalt lächelte. Sie trug ein weißes Gewand, das bis in das Wasser reichte. Wer bist du?, frage er. Die Weißgewandete lächelte bei dieser Frage noch mehr, streckte die Hand nach ihm aus und sagte: Komm. Er ließ sich bedenkenlos von ihr führen. Da begann die Weißgewandete zu singen. Sie sang ohne Worte, und die melismatischen Figuren ihres Gesangs drangen in seine Seele und ergriffen Besitz von ihm. So erreichten sie bald einen Pinienhain. Die Fremde beendete ihren Gesang, und die beiden setzten sich in den Schatten der Bäume. Wer bist du?, fragte er erneut. Sie saßen sich gegen über, und sie ergriff mit ihren Händen die seinen und sagte: Ich bin Leukosia. Leukosia? Das klingt griechisch. Leukosia? Es gibt einen Mythos über Leukosia, genannt die Weiße. 11 Ich bin Leukosia, fing die Weißgewandete wieder zu sprechen an, und jetzt sah er, dass ihr weißes Gewand durchscheinend war und dass sie nichts darunter trug. Ich bin Leukosia, die Weiße, und jetzt erst gewahrte er ihre Augen, grüne Augen, geheimnisvolle und undurchdringliche Augen. Da bereute er, dass er mitgegangen war, mit ihr - diesen Weg, zu diesem Pinienhain, wo sie jetzt saßen. Und er begriff, was er, was jedermann wusste, dass es Wege gibt, die unumkehrbar sind, und schlimmer noch, die Handlungen, die Geschehnisse sind es. Selbst wenn er alleine den Weg dahin zurückginge, wo er hergekommen war, den Weg mit Leukosia war er dennoch gegangen - unumkehrbar. Du hast mich gesucht, und du hast mich gefunden, sagte Leukosia und umschlang ihn. Fahrian erwachte. Er brauchte etwa eine Minute, um sich zurechtzufinden. Es war noch dunkel im Zimmer, und er sah auf den Wecker: halb vier. Neben sich hörte er das gleichmäßig sanfte Atmen von Anna. Er betrachtete ihre Silhouette, die sich im Dunkeln abzeichnete. Sie lag auf dem Bauch, einen Arm hatte sie unter das Kopfkissen geschoben. So schlief sie immer. So schlief sie zumindest immer, wenn sie friedlich schlief, wenn sie mit sich und der Welt im Reinen war. Das war selten genug der Fall. Er richtete sich auf und schob sein Kopfkissen hinter seinen Rücken. Er war verwirrt, weil er wusste, dass er geträumt hatte, schlecht geträumt hatte, wie so oft in letzter Zeit. Das hatte vor sechs oder sieben Jahren begonnen, dann eine Zeit lang aufgehört, sodass er 12 glaubte, es wäre vorbei. Dann kamen sie wieder, diese Träume, so wie diese Nacht. Er bemühte sich, das Geträumte ins Bewusstsein zu holen, doch mehr als eine weiße Gestalt am Strand eines tiefblauen Meeres kam ihm nicht in den Sinn. So war das immer, und er fragte sich, warum er glaubte, schlecht geträumt zu haben. Er konnte sich ganz selten an die Träume erinnern. Meist blieben ihm nur einzelne Bilder, so wie in dieser Nacht. Er schüttelte den Kopf und schaute nach rechts, wo Anna leise ein- und ausatmete, ganz leise, kaum hörbar. Er schaute sie lange an, und er wünschte sich, die NACHT hätte nie begonnen. Er spürte einen kühlen Luftzug und bemerkte erst jetzt, dass sein Kopf glühte und sein Haar verschwitzt war. Er bewegte sich vorsichtig aus dem Bett und ging ins Bad, ohne Licht zu machen. Am Waschbecken ließ er eine Weile kaltes Wasser laufen. Dann hielt er die Hände in den dünnen Wasserstrahl, um das Wasser aufzufangen. Er kühlte damit sein Gesicht. Das wiederholte er mehrere Male, bis er das Gefühl bekam, dass sein Kopf zu glühen aufgehört hatte. Er trocknete sein Gesicht ab, auch seine Haare, so gut es ging und schlich dann zurück in sein Bett. Er blieb aufrecht im Bett sitzen, mit dem Kissen im Rücken. Er schaute Richtung Fenster, das weit offen stand. Von der Straße unten war kaum etwas zu hören. Das war nicht verwunderlich um diese Zeit. Er sah wieder nach Anna, und strich ihr vorsichtig über das Haar. 2015, Gebunden, Neuware, 470g, 1/2015, 311, Sofortüberweisung, PayPal, Banküberweisung.
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Azurblau - jeder nannte es azurblau. Der strahlend blaue Himmel gibt dem Meer die Farbe - himmelblau. Ein unhaltbares Klischee. Das Blau war viel dunkler als die Farbe des Himmels und von solcher Intensität, dass er stehen geblieben war, um dieses Blau in sich aufzunehmen, aufzusaugen, um es nie mehr vergessen zu können. So stand er minutenlang, ehe er sich besann und den steinigen Hang hinunterlief, dem Blau entgegen. Aber das zog sich hin. Er glaubte sich dem Meer viel näher, als er es tatsächlich war. Nach mehr als einer halben Stunde hatte er erst den steinigen Hang hinter sich gelassen, die Strecke, die er noch zurücklegen musste, würde mindestens ebenso lange dauern. So ging er weiter. Die Sonne glühte auf seinen Haaren, doch unverdrossen beschleunigte er seinen Schritt. Nun, auf Augenhöhe mit dem Blau, veränderte sich das Farbspektakel. Das Blau verlor sich in einem flirrenden Geglitzer auf der Oberfläche des Meeres, die fortwährend in Bewegung zu sein schien und sich so ständig veränderte. Erst nahe des Horizontes fand er das zuvor noch nie gesehene Blau wieder. Schließlich erreichte er den Strand. Er stapfte über unzählige kleine Steine, bis er das Wasser endlich erreicht hatte. Er watete ein kleines Stück hinein. Das Wasser um ihn herum war hier nicht mehr blau. Es erschien ihm bald weiß, bald braun und dann wieder grün, aber nicht blau. Das atemberaubende Blau zeigte sich ihm erst wieder, als er den Blick hob. 10 Erschöpft ließ er sich auf die Knie fallen. So verharrte er lange, während die sanfte Dünung das Wasser bis über seine Hüfte ansteigen und dann wieder zurückfließen ließ. Begleitet wurden diese rhythmischen Bewegungen von einem feinen Rauschen und Gurgeln, das anund abschwoll, das hin und wieder gänzlich gegen die ansonsten gleichbleibende Rhythmik in ein Klatschen überging, wobei ihm unzählige Wassertropfen gleichsam einer Dusche ins Gesicht schossen und kühle, feuchte Flecken auf seinem Hemd hinterließen. In dem Augenblick, als sich das Wasser gerade wieder einmal zurückzog, verdunkelte sich die Wasserfläche vor ihm etwas, und er drehte sich rasch um. Er erkannte eine weibliche Gestalt mit wehenden, langen, roten Haaren, und er erhob sich augenblicklich. Die Gestalt lächelte. Sie trug ein weißes Gewand, das bis in das Wasser reichte. Wer bist du?, frage er. Die Weißgewandete lächelte bei dieser Frage noch mehr, streckte die Hand nach ihm aus und sagte: Komm. Er ließ sich bedenkenlos von ihr führen. Da begann die Weißgewandete zu singen. Sie sang ohne Worte, und die melismatischen Figuren ihres Gesangs drangen in seine Seele und ergriffen Besitz von ihm. So erreichten sie bald einen Pinienhain. Die Fremde beendete ihren Gesang, und die beiden setzten sich in den Schatten der Bäume. Wer bist du?, fragte er erneut. Sie saßen sich gegen über, und sie ergriff mit ihren Händen die seinen und sagte: Ich bin Leukosia. Leukosia? Das klingt griechisch. Leukosia? Es gibt einen Mythos über Leukosia, genannt die Weiße. 11 Ich bin Leukosia, fing die Weißgewandete wieder zu sprechen an, und jetzt sah er, dass ihr weißes Gewand durchscheinend war und dass sie nichts darunter trug. Ich bin Leukosia, die Weiße, und jetzt erst gewahrte er ihre Augen, grüne Augen, geheimnisvolle und undurchdringliche Augen. Da bereute er, dass er mitgegangen war, mit ihr - diesen Weg, zu diesem Pinienhain, wo sie jetzt saßen. Und er begriff, was er, was jedermann wusste, dass es Wege gibt, die unumkehrbar sind, und schlimmer noch, die Handlungen, die Geschehnisse sind es. Selbst wenn er alleine den Weg dahin zurückginge, wo er hergekommen war, den Weg mit Leukosia war er dennoch gegangen - unumkehrbar. Du hast mich gesucht, und du hast mich gefunden, sagte Leukosia und umschlang ihn. Fahrian erwachte. Er brauchte etwa eine Minute, um sich zurechtzufinden. Es war noch dunkel im Zimmer, und er sah auf den Wecker: halb vier. Neben sich hörte er das gleichmäßig sanfte Atmen von Anna. Er betrachtete ihre Silhouette, die sich im Dunkeln abzeichnete. Sie lag auf dem Bauch, einen Arm hatte sie unter das Kopfkissen geschoben. So schlief sie immer. So schlief sie zumindest immer, wenn sie friedlich schlief, wenn sie mit sich und der Welt im Reinen war. Das war selten genug der Fall. Er richtete sich auf und schob sein Kopfkissen hinter seinen Rücken. Er war verwirrt, weil er wusste, dass er geträumt hatte, schlecht geträumt hatte, wie so oft in letzter Zeit. Das hatte vor sechs oder sieben Jahren begonnen, dann eine Zeit lang aufgehört, sodass er 12 glaubte, es wäre vorbei. Dann kamen sie wieder, diese Träume, so wie diese Nacht. Er bemühte sich, das Geträumte ins Bewusstsein zu holen, doch mehr als eine weiße Gestalt am Strand eines tiefblauen Meeres kam ihm nicht in den Sinn. So war das immer, und er fragte sich, warum er glaubte, schlecht geträumt zu haben. Er konnte sich ganz selten an die Träume erinnern. Meist blieben ihm nur einzelne Bilder, so wie in dieser Nacht. Er schüttelte den Kopf und schaute nach rechts, wo Anna leise ein- und ausatmete, ganz leise, kaum hörbar. Er schaute sie lange an, und er wünschte sich, die NACHT hätte nie begonnen. Er spürte einen kühlen Luftzug und bemerkte erst jetzt, dass sein Kopf glühte und sein Haar verschwitzt war. Er bewegte sich vorsichtig aus dem Bett und ging ins Bad, ohne Licht zu machen. Am Waschbecken ließ er eine Weile kaltes Wasser laufen. Dann hielt er die Hände in den dünnen Wasserstrahl, um das Wasser aufzufangen. Er kühlte damit sein Gesicht. Das wiederholte er mehrere Male, bis er das Gefühl bekam, dass sein Kopf zu glühen aufgehört hatte. Er trocknete sein Gesicht ab, auch seine Haare, so gut es ging und schlich dann zurück in sein Bett. Er blieb aufrecht im Bett sitzen, mit dem Kissen im Rücken. Er schaute Richtung Fenster, das weit offen stand. Von der Straße unten war kaum etwas zu hören. Das war nicht verwunderlich um diese Zeit. Er sah wieder nach Anna, und strich ihr vorsichtig über das Haar. 2015, Gebunden, Neuware, 463g, 311, Sofortüberweisung, PayPal, Banküberweisung.
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Azurblau – jeder nannte es azurblau. Der strahlend blaue Himmel gibt dem Meer die Farbe – himmelblau. Ein unhaltbares Klischee. Das Blau war viel dunkler als die Farbe des Himmels und von solcher Intensität, dass er stehen geblieben war, um dieses Blau in sich aufzunehmen, aufzusaugen, um es nie mehr vergessen zu können. So stand er minutenlang, ehe er sich besann und den steinigen Hang hinunterlief, dem Blau entgegen. Aber das zog sich hin. Er glaubte sich dem Meer viel näher, als er es tatsächlich war. Nach mehr als einer halben Stunde hatte er erst den steinigen Hang hinter sich gelassen, die Strecke, die er noch zurücklegen musste, würde mindestens ebenso lange dauern. So ging er weiter. Die Sonne glühte auf seinen Haaren, doch unverdrossen beschleunigte er seinen Schritt. Nun, auf Augenhöhe mit dem Blau, veränderte sich das Farbspektakel. Das Blau verlor sich in einem flirrenden Geglitzer auf der Oberfläche des Meeres, die fortwährend in Bewegung zu sein schien und sich so ständig veränderte. Erst nahe des Horizontes fand er das zuvor noch nie gesehene Blau wieder. Schließlich erreichte er den Strand. Er stapfte über unzählige kleine Steine, bis er das Wasser endlich erreicht hatte. Er watete ein kleines Stück hinein. Das Wasser um ihn herum war hier nicht mehr blau. Es erschien ihm bald weiß, bald braun und dann wieder grün, aber nicht blau. Das atemberaubende Blau zeigte sich ihm erst wieder, als er den Blick hob. 10 Erschöpft ließ er sich auf die Knie fallen. So verharrte er lange, während die sanfte Dünung das Wasser bis über seine Hüfte ansteigen und dann wieder zurückfließen ließ. Begleitet wurden diese rhythmischen Bewegungen von einem feinen Rauschen und Gurgeln, das anund abschwoll, das hin und wieder gänzlich gegen die ansonsten gleichbleibende Rhythmik in ein Klatschen überging, wobei ihm unzählige Wassertropfen gleichsam einer Dusche ins Gesicht schossen und kühle, feuchte Flecken auf seinem Hemd hinterließen. In dem Augenblick, als sich das Wasser gerade wieder einmal zurückzog, verdunkelte sich die Wasserfläche vor ihm etwas, und er drehte sich rasch um. Er erkannte eine weibliche Gestalt mit wehenden, langen, roten Haaren, und er erhob sich augenblicklich. Die Gestalt lächelte. Sie trug ein weißes Gewand, das bis in das Wasser reichte. »Wer bist du?«, frage er. Die Weißgewandete lächelte bei dieser Frage noch mehr, streckte die Hand nach ihm aus und sagte: »Komm.« Er ließ sich bedenkenlos von ihr führen. Da begann die Weißgewandete zu singen. Sie sang ohne Worte, und die melismatischen Figuren ihres Gesangs drangen in seine Seele und ergriffen Besitz von ihm. So erreichten sie bald einen Pinienhain. Die Fremde beendete ihren Gesang, und die beiden setzten sich in den Schatten der Bäume. »Wer bist du?«, fragte er erneut. Sie saßen sich gegen über, und sie ergriff mit ihren Händen die seinen und sagte: »Ich bin Leukosia.« »Leukosia? Das klingt griechisch. Leukosia? Es gibt einen Mythos über Leukosia, genannt die Weiße.« 11 »Ich bin Leukosia«, fing die Weißgewandete wieder zu sprechen an, und jetzt sah er, dass ihr weißes Gewand durchscheinend war und dass sie nichts darunter trug. »Ich bin Leukosia, die Weiße«, und jetzt erst gewahrte er ihre Augen, grüne Augen, geheimnisvolle und undurchdringliche Augen. Da bereute er, dass er mitgegangen war, mit ihr – diesen Weg, zu diesem Pinienhain, wo sie jetzt saßen. Und er begriff, was er, was jedermann wusste, dass es Wege gibt, die unumkehrbar sind, und schlimmer noch, die Handlungen, die Geschehnisse sind es. Selbst wenn er alleine den Weg dahin zurückginge, wo er hergekommen war, den Weg mit Leukosia war er dennoch gegangen – unumkehrbar. »Du hast mich gesucht, und du hast mich gefunden«, sagte Leukosia und umschlang ihn. Fahrian erwachte. Er brauchte etwa eine Minute, um sich zurechtzufinden. Es war noch dunkel im Zimmer, und er sah auf den Wecker: halb vier. Neben sich hörte er das gleichmäßig sanfte Atmen von Anna. Er betrachtete ihre Silhouette, die sich im Dunkeln abzeichnete. Sie lag auf dem Bauch, einen Arm hatte sie unter das Kopfkissen geschoben. So schlief sie immer. So schlief sie zumindest immer, wenn sie friedlich schlief, wenn sie, gebundene Ausgabe, 27.11.2015.
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9783941206908 - Günther Gutknecht: Die Schwestern
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Die Schwestern (2015)

Lieferung erfolgt aus/von: Deutschland DE NW

ISBN: 9783941206908 bzw. 3941206907, in Deutsch, Krapp & Gutknecht Verlag, neu.

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Azurblau – jeder nannte es azurblau. Der strahlend blaue Himmel gibt dem Meer die Farbe – himmelblau. Ein unhaltbares Klischee. Das Blau war viel dunkler als die Farbe des Himmels und von solcher Intensität, dass er stehen geblieben war, um dieses Blau in sich aufzunehmen, aufzusaugen, um es nie mehr vergessen zu können. So stand er minutenlang, ehe er sich besann und den steinigen Hang hinunterlief, dem Blau entgegen. Aber das zog sich hin. Er glaubte sich dem Meer viel näher, als er es tatsächlich war. Nach mehr als einer halben Stunde hatte er erst den steinigen Hang hinter sich gelassen, die Strecke, die er noch zurücklegen musste, würde mindestens ebenso lange dauern. So ging er weiter. Die Sonne glühte auf seinen Haaren, doch unverdrossen beschleunigte er seinen Schritt. Nun, auf Augenhöhe mit dem Blau, veränderte sich das Farbspektakel. Das Blau verlor sich in einem flirrenden Geglitzer auf der Oberfläche des Meeres, die fortwährend in Bewegung zu sein schien und sich so ständig veränderte. Erst nahe des Horizontes fand er das zuvor noch nie gesehene Blau wieder. Schließlich erreichte er den Strand. Er stapfte über unzählige kleine Steine, bis er das Wasser endlich erreicht hatte. Er watete ein kleines Stück hinein. Das Wasser um ihn herum war hier nicht mehr blau. Es erschien ihm bald weiß, bald braun und dann wieder grün, aber nicht blau. Das atemberaubende Blau zeigte sich ihm erst wieder, als er den Blick hob. 10 Erschöpft ließ er sich auf die Knie fallen. So verharrte er lange, während die sanfte Dünung das Wasser bis über seine Hüfte ansteigen und dann wieder zurückfließen ließ. Begleitet wurden diese rhythmischen Bewegungen von einem feinen Rauschen und Gurgeln, das anund abschwoll, das hin und wieder gänzlich gegen die ansonsten gleichbleibende Rhythmik in ein Klatschen überging, wobei ihm unzählige Wassertropfen gleichsam einer Dusche ins Gesicht schossen und kühle, feuchte Flecken auf seinem Hemd hinterließen. In dem Augenblick, als sich das Wasser gerade wieder einmal zurückzog, verdunkelte sich die Wasserfläche vor ihm etwas, und er drehte sich rasch um. Er erkannte eine weibliche Gestalt mit wehenden, langen, roten Haaren, und er erhob sich augenblicklich. Die Gestalt lächelte. Sie trug ein weißes Gewand, das bis in das Wasser reichte. »Wer bist du?«, frage er. Die Weißgewandete lächelte bei dieser Frage noch mehr, streckte die Hand nach ihm aus und sagte: »Komm.« Er ließ sich bedenkenlos von ihr führen. Da begann die Weißgewandete zu singen. Sie sang ohne Worte, und die melismatischen Figuren ihres Gesangs drangen in seine Seele und ergriffen Besitz von ihm. So erreichten sie bald einen Pinienhain. Die Fremde beendete ihren Gesang, und die beiden setzten sich in den Schatten der Bäume. »Wer bist du?«, fragte er erneut. Sie saßen sich gegen über, und sie ergriff mit ihren Händen die seinen und sagte: »Ich bin Leukosia.« »Leukosia? Das klingt griechisch. Leukosia? Es gibt einen Mythos über Leukosia, genannt die Weiße.« 11 »Ich bin Leukosia«, fing die Weißgewandete wieder zu sprechen an, und jetzt sah er, dass ihr weißes Gewand durchscheinend war und dass sie nichts darunter trug. »Ich bin Leukosia, die Weiße«, und jetzt erst gewahrte er ihre Augen, grüne Augen, geheimnisvolle und undurchdringliche Augen. Da bereute er, dass er mitgegangen war, mit ihr – diesen Weg, zu diesem Pinienhain, wo sie jetzt saßen. Und er begriff, was er, was jedermann wusste, dass es Wege gibt, die unumkehrbar sind, und schlimmer noch, die Handlungen, die Geschehnisse sind es. Selbst wenn er alleine den Weg dahin zurückginge, wo er hergekommen war, den Weg mit Leukosia war er dennoch gegangen – unumkehrbar. »Du hast mich gesucht, und du hast mich gefunden«, sagte Leukosia und umschlang ihn. Fahrian erwachte. Er brauchte etwa eine Minute, um sich zurechtzufinden. Es war noch dunkel im Zimmer, und er sah auf den Wecker: halb vier. Neben sich hörte er das gleichmäßig sanfte Atmen von Anna. Er betrachtete ihre Silhouette, die sich im Dunkeln abzeichnete. Sie lag auf dem Bauch, einen Arm hatte sie unter das Kopfkissen geschoben. So, gebundene Ausgabe, 27.11.2015.
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Azurblau – jeder nannte es azurblau. Der strahlend blaue Himmel gibt dem Meer die Farbe – himmelblau. Ein unhaltbares Klischee. Das Blau war viel dunkler als die Farbe des Himmels und von solcher Intensität, dass er stehen geblieben war, um dieses Blau in sich aufzunehmen, aufzusaugen, um es nie mehr vergessen zu können. So stand er minutenlang, ehe er sich besann und den steinigen Hang hinunterlief, dem Blau entgegen. Aber das zog sich hin. Er glaubte sich dem Meer viel näher, als er es tatsächlich war. Nach mehr als einer halben Stunde hatte er erst den steinigen Hang hinter sich gelassen, die Strecke, die er noch zurücklegen musste, würde mindestens ebenso lange dauern. So ging er weiter. Die Sonne glühte auf seinen Haaren, doch unverdrossen beschleunigte er seinen Schritt. Nun, auf Augenhöhe mit dem Blau, veränderte sich das Farbspektakel. Das Blau verlor sich in einem flirrenden Geglitzer auf der Oberfläche des Meeres, die fortwährend in Bewegung zu sein schien und sich so ständig veränderte. Erst nahe des Horizontes fand er das zuvor noch nie gesehene Blau wieder. Schließlich erreichte er den Strand. Er stapfte über unzählige kleine Steine, bis er das Wasser endlich erreicht hatte. Er watete ein kleines Stück hinein. Das Wasser um ihn herum war hier nicht mehr blau. Es erschien ihm bald weiß, bald braun und dann wieder grün, aber nicht blau. Das atemberaubende Blau zeigte sich ihm erst wieder, als er den Blick hob. 10 Erschöpft ließ er sich auf die Knie fallen. So verharrte er lange, während die sanfte Dünung das Wasser bis über seine Hüfte ansteigen und dann wieder zurückfließen ließ. Begleitet wurden diese rhythmischen Bewegungen von einem feinen Rauschen und Gurgeln, das anund abschwoll, das hin und wieder gänzlich gegen die ansonsten gleichbleibende Rhythmik in ein Klatschen überging, wobei ihm unzählige Wassertropfen gleichsam einer Dusche ins Gesicht schossen und kühle, feuchte Flecken auf seinem Hemd hinterließen. In dem Augenblick, als sich das Wasser gerade wieder einmal zurückzog, verdunkelte sich die Wasserfläche vor ihm etwas, und er drehte sich rasch um. Er erkannte eine weibliche Gestalt mit wehenden, langen, roten Haaren, und er erhob sich augenblicklich. Die Gestalt lächelte. Sie trug ein weißes Gewand, das bis in das Wasser reichte. »Wer bist du?«, frage er. Die Weißgewandete lächelte bei dieser Frage noch mehr, streckte die Hand nach ihm aus und sagte: »Komm.« Er ließ sich bedenkenlos von ihr führen. Da begann die Weißgewandete zu singen. Sie sang ohne Worte, und die melismatischen Figuren ihres Gesangs drangen in seine Seele und ergriffen Besitz von ihm. So erreichten sie bald einen Pinienhain. Die Fremde beendete ihren Gesang, und die beiden setzten sich in den Schatten der Bäume. »Wer bist du?«, fragte er erneut. Sie saßen sich gegen über, und sie ergriff mit ihren Händen die seinen und sagte: »Ich bin Leukosia.« »Leukosia? Das klingt griechisch. Leukosia? Es gibt einen Mythos über Leukosia, genannt die Weiße.« 11 »Ich bin Leukosia«, fing die Weißgewandete wieder zu sprechen an, und jetzt sah er, dass ihr weißes Gewand durchscheinend war und dass sie nichts darunter trug. »Ich bin Leukosia, die Weiße«, und jetzt erst gewahrte er ihre Augen, grüne Augen, geheimnisvolle und undurchdringliche Augen. Da bereute er, dass er mitgegangen war, mit ihr – diesen Weg, zu diesem Pinienhain, wo sie jetzt saßen. Und er begriff, was er, was jedermann wusste, dass es Wege gibt, die unumkehrbar sind, und schlimmer noch, die Handlungen, die Geschehnisse sind es. Selbst wenn er alleine den Weg dahin zurückginge, wo er hergekommen war, den Weg mit Leukosia war er dennoch gegangen – unumkehrbar. »Du hast mich gesucht, und du hast mich gefunden«, sagte Leukosia und umschlang ihn. Fahrian erwachte. Er brauchte etwa eine Minute, um sich zurechtzufinden. Es war noch dunkel im Zimmer, und er sah auf den Wecker: halb vier. Neben sich hörte er das gleichmäßig sanfte Atmen von Anna. Er betrachtete ihre Silhouette, die sich im Dunkeln abzeichnete. Sie lag auf dem Bauch, einen Arm hatte sie unter das Kopfkissen geschoben. So, gebundene Ausgabe, 27.11.2015.
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9783941206908 - Günther Gutknecht: Die Schwestern
Günther Gutknecht

Die Schwestern (2015)

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Azurblau – jeder nannte es azurblau. Der strahlend blaue Himmel gibt dem Meer die Farbe – himmelblau. Ein unhaltbares Klischee. Das Blau war viel dunkler als die Farbe des Himmels und von solcher Intensität, dass er stehen geblieben war, um dieses Blau in sich aufzunehmen, aufzusaugen, um es nie mehr vergessen zu können. So stand er minutenlang, ehe er sich besann und den steinigen Hang hinunterlief, dem Blau entgegen. Aber das zog sich hin. Er glaubte sich dem Meer viel näher, als er es tatsächlich war. Nach mehr als einer halben Stunde hatte er erst den steinigen Hang hinter sich gelassen, die Strecke, die er noch zurücklegen musste, würde mindestens ebenso lange dauern. So ging er weiter. Die Sonne glühte auf seinen Haaren, doch unverdrossen beschleunigte er seinen Schritt. Nun, auf Augenhöhe mit dem Blau, veränderte sich das Farbspektakel. Das Blau verlor sich in einem flirrenden Geglitzer auf der Oberfläche des Meeres, die fortwährend in Bewegung zu sein schien und sich so ständig veränderte. Erst nahe des Horizontes fand er das zuvor noch nie gesehene Blau wieder. Schliesslich erreichte er den Strand. Er stapfte über unzählige kleine Steine, bis er das Wasser endlich erreicht hatte. Er watete ein kleines Stück hinein. Das Wasser um ihn herum war hier nicht mehr blau. Es erschien ihm bald weiss, bald braun und dann wieder grün, aber nicht blau. Das atemberaubende Blau zeigte sich ihm erst wieder, als er den Blick hob. 10 Erschöpft liess er sich auf die Knie fallen. So verharrte er lange, während die sanfte Dünung das Wasser bis über seine Hüfte ansteigen und dann wieder zurückfliessen liess. Begleitet wurden diese rhythmischen Bewegungen von einem feinen Rauschen und Gurgeln, das anund abschwoll, das hin und wieder gänzlich gegen die ansonsten gleichbleibende Rhythmik in ein Klatschen überging, wobei ihm unzählige Wassertropfen gleichsam einer Dusche ins Gesicht schossen und kühle, feuchte Flecken auf seinem Hemd hinterliessen. In dem Augenblick, als sich das Wasser gerade wieder einmal zurückzog, verdunkelte sich die Wasserfläche vor ihm etwas, und er drehte sich rasch um. Er erkannte eine weibliche Gestalt mit wehenden, langen, roten Haaren, und er erhob sich augenblicklich. Die Gestalt lächelte. Sie trug ein weisses Gewand, das bis in das Wasser reichte. »Wer bist du?«, frage er. Die Weissgewandete lächelte bei dieser Frage noch mehr, streckte die Hand nach ihm aus und sagte: »Komm.« Er liess sich bedenkenlos von ihr führen. Da begann die Weissgewandete zu singen. Sie sang ohne Worte, und die melismatischen Figuren ihres Gesangs drangen in seine Seele und ergriffen Besitz von ihm. So erreichten sie bald einen Pinienhain. Die Fremde beendete ihren Gesang, und die beiden setzten sich in den Schatten der Bäume. »Wer bist du?«, fragte er erneut. Sie sassen sich gegen über, und sie ergriff mit ihren Händen die seinen und sagte: »Ich bin Leukosia.« »Leukosia? Das klingt griechisch. Leukosia? Es gibt einen Mythos über Leukosia, genannt die Weisse.« 11 »Ich bin Leukosia«, fing die Weissgewandete wieder zu sprechen an, und jetzt sah er, dass ihr weisses Gewand durchscheinend war und dass sie nichts darunter trug. »Ich bin Leukosia, die Weisse«, und jetzt erst gewahrte er ihre Augen, grüne Augen, geheimnisvolle und undurchdringliche Augen. Da bereute er, dass er mitgegangen war, mit ihr – diesen Weg, zu diesem Pinienhain, wo sie jetzt sassen. Und er begriff, was er, was jedermann wusste, dass es Wege gibt, die unumkehrbar sind, und schlimmer noch, die Handlungen, die Geschehnisse sind es. Selbst wenn er alleine den Weg dahin zurückginge, wo er hergekommen war, den Weg mit Leukosia war er dennoch gegangen – unumkehrbar. »Du hast mich gesucht, und du hast mich gefunden«, sagte Leukosia und umschlang ihn. Fahrian erwachte. Er brauchte etwa eine Minute, um sich zurechtzufinden. Es war noch dunkel im Zimmer, und er sah auf den Wecker: halb vier. Neben sich hörte er das gleichmässig sanfte Atmen von Anna. Er betrachtete ihre Silhouette, die sich im Dunkeln abzeichnete. Sie lag auf dem Bauch, einen Arm hatte sie unter das Kopfkissen geschoben. So schlief sie immer. So schlief sie zumindest immer, wenn sie friedlich schlief, wenn sie, gebundene Ausgabe, 27.11.2015.
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9783941206908 - Die Schwestern

Die Schwestern

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Azurblau – jeder nannte es azurblau. Der strahlendblaue Himmel gibt dem Meer die Farbe – himmelblau.Ein unhaltbares Klischee. Das Blau war viel dunklerals die Farbe des Himmels und von solcher Intensität,dass er stehen geblieben war, um dieses Blau in sich aufzunehmen,aufzusaugen, um es nie mehr vergessen zukönnen. So stand er minutenlang, ehe er sich besannund den steinigen Hang hinunterlief, dem Blau entgegen.Aber das zog sich hin. Er glaubte sich dem Meerviel näher, als er es tatsächlich war. Nach mehr als einerhalben Stunde hatte er erst den steinigen Hang hintersich gelassen, die Strecke, die er noch zurücklegen musste,würde mindestens ebenso lange dauern.So ging er weiter. Die Sonne glühte auf seinenHaaren, doch unverdrossen beschleunigte er seinenSchritt. Nun, auf Augenhöhe mit dem Blau, verändertesich das Farbspektakel. Das Blau verlor sich in einemflirrenden Geglitzer auf der Oberfläche des Meeres,die fortwährend in Bewegung zu sein schien und sich soständig veränderte. Erst nahe des Horizontes fand er daszuvor noch nie gesehene Blau wieder.Schließlich erreichte er den Strand. Er stapfte überunzählige kleine Steine, bis er das Wasser endlicherreicht hatte. Er watete ein kleines Stück hinein. DasWasser um ihn herum war hier nicht mehr blau. Eserschien ihm bald weiß, bald braun und dann wiedergrün, aber nicht blau. Das atemberaubende Blau zeigtesich ihm erst wieder, als er den Blick hob.10Erschöpft ließ er sich auf die Knie fallen. So verharrte erlange, während die sanfte Dünung das Wasser bis überseine Hüfte ansteigen und dann wieder zurückfließenließ. Begleitet wurden diese rhythmischen Bewegungenvon einem feinen Rauschen und Gurgeln, das anundabschwoll, das hin und wieder gänzlich gegen dieansonsten gleichbleibende Rhythmik in ein Klatschenüberging, wobei ihm unzählige Wassertropfen gleichsameiner Dusche ins Gesicht schossen und kühle, feuchteFlecken auf seinem Hemd hinterließen.In dem Augenblick, als sich das Wasser gerade wiedereinmal zurückzog, verdunkelte sich die Wasserfläche vorihm etwas, und er drehte sich rasch um. Er erkannte eineweibliche Gestalt mit wehenden, langen, roten Haaren,und er erhob sich augenblicklich. Die Gestalt lächelte.Sie trug ein weißes Gewand, das bis in das Wasser reichte.»Wer bist du?«, frage er. Die Weißgewandete lächeltebei dieser Frage noch mehr, streckte die Hand nach ihmaus und sagte: »Komm.« Er ließ sich bedenkenlos vonihr führen. Da begann die Weißgewandete zu singen. Siesang ohne Worte, und die melismatischen Figuren ihresGesangs drangen in seine Seele und ergriffen Besitz vonihm.So erreichten sie bald einen Pinienhain. Die Fremdebeendete ihren Gesang, und die beiden setzten sich inden Schatten der Bäume.»Wer bist du?«, fragte er erneut. Sie saßen sich gegen­über, und sie ergriff mit ihren Händen die seinen undsagte:»Ich bin Leukosia.«»Leukosia? Das klingt griechisch. Leukosia? Es gibteinen Mythos über Leukosia, genannt die Weiße.«11»Ich bin Leukosia«, fing die Weißgewandete wieder zusprechen an, und jetzt sah er, dass ihr weißes Gewanddurchscheinend war und dass sie nichts darunter trug.»Ich bin Leukosia, die Weiße«, und jetzt erst gewahrteer ihre Augen, grüne Augen, geheimnisvolle undundurchdringliche Augen. Da bereute er, dass er mitgegangenwar, mit ihr – diesen Weg, zu diesem Pinienhain,wo sie jetzt saßen. Und er begriff, was er, was jedermannwusste, dass es Wege gibt, die unumkehrbar sind, undschlimmer noch, die Handlungen, die Geschehnisse sindes. Selbst wenn er alleine den Weg dahin zurückginge,wo er hergekommen war, den Weg mit Leukosia war erdennoch gegangen – unumkehrbar.»Du hast mich gesucht, und du hast mich gefunden«,sagte Leukosia und umschlang ihn.Fahrian erwachte. Er brauchte etwa eine Minute, umsich zurechtzufinden. Es war noch dunkel im Zimmer,und er sah auf den Wecker: halb vier. Neben sich hörteer das gleichmäßig sanfte Atmen von Anna. Er betrachteteihre Silhouette, die sich im Dunkeln abzeichnete.Sie lag auf dem Bauch, einen Arm hatte sie unter dasKopfkissen geschoben. So schlief sie immer. So schliefsie zumindest immer, wenn sie friedlich schlief, wennsie mit sich und der Welt im Reinen war. Das war seltengenug der Fall.Er richtete sich auf und schob sein Kopfkissen hinterseinen Rücken. Er war verwirrt, weil er wusste, dasser geträumt hatte, schlecht geträumt hatte, wie so oftin letzter Zeit. Das hatte vor sechs oder sieben Jahrenbegonnen, dann eine Zeit lang aufgehört, sodass er 12glaubte, es wäre vorbei. Dann kamen sie wieder, dieseTräume, so wie diese Nacht. Er bemühte sich, dasGeträumte ins Bewusstsein zu holen, doch mehr als eineweiße Gestalt am Strand eines tiefblauen Meeres kamihm nicht in den Sinn. So war das immer, und er fragtesich, warum er glaubte, schlecht geträumt zu haben. Erkonnte sich ganz selten an die Träume erinnern. Meistblieben ihm nur einzelne Bilder, so wie in dieser Nacht.Er schüttelte den Kopf und schaute nach rechts, woAnna leise ein- und ausatmete, ganz leise, kaum hörbar.Er schaute sie lange an, und er wünschte sich, dieNACHT hätte nie begonnen.Er spürte einen kühlen Luftzug und bemerkte erst jetzt,dass sein Kopf glühte und sein Haar verschwitzt war. Erbewegte sich vorsichtig aus dem Bett und ging ins Bad,ohne Licht zu machen. Am Waschbecken ließ er eineWeile kaltes Wasser laufen. Dann hielt er die Hände inden dünnen Wasserstrahl, um das Wasser aufzufangen.Er kühlte damit sein Gesicht. Das wiederholte er mehrereMale, bis er das Gefühl bekam, dass sein Kopf zuglühen aufgehört hatte.Er trocknete sein Gesicht ab, auch seine Haare, so gutes ging und schlich dann zurück in sein Bett. Er bliebaufrecht im Bett sitzen, mit dem Kissen im Rücken. Erschaute Richtung Fenster, das weit offen stand. Von derStraße unten war kaum etwas zu hören. Das war nichtverwunderlich um diese Zeit. Er sah wieder nach Anna,und strich ihr vorsichtig über das Haar.
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