Sachinventar zur Sozialgeschichte der Stadt Lunzenau unter Berücksichtigung der örtlichen Arbeiterbewegung
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9783864640100 - John, Matthias: Sachinventar zur Sozialgeschichte der Stadt Lunzenau unter Berücksichtigung der örtlichen Arbeiterbewegung
John, Matthias

Sachinventar zur Sozialgeschichte der Stadt Lunzenau unter Berücksichtigung der örtlichen Arbeiterbewegung (2012)

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ISBN: 9783864640100 bzw. 3864640105, in Deutsch, 106 Seiten, trafo Wissenschaftsverlag, Berlin, Taschenbuch, gebraucht, Erstausgabe.

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In den Jahren 1848/49 gehörte Lunzenau zu den kleinen regionalen Zentren der Revolution so riefen zwei Lunzenauer Bürger im Mai 1849 die hiesige Kommunalgarde und den Stadtrat dazu auf, sich ihnen anzuschließen und in Dresden die demokratischen Errungenschaften zu verteidigen (lfd. Nr. 54), nachdem sich die Lunzenauer Bevölkerung schon im April mit Lanzen bewaffnet hatte (lfd. Nr. 23). Tatsächlich wurde dann auch der Beschluss gefasst, die Kommunalgarde nach Dresden in Marsch zu setzen (lfd. Nr. 23). Den Sympathisanten bzw. aktiven Teilnehmern der Revolution wurden freilich nach ihrem Scheitern die bürgerliche Ehrenrechte, insbesondere das Kommunalwahlrecht, aberkannt (lfd. Nr. 25), und erst nach Jahrzehnten wieder zuerkannt (lfd. Nr. 11). Mitte des 19. Jahrhunderts war zwar noch die Hausweberei vorherrschend, doch existierte hier seit dem Jahre 1857 eine mechanische Weberei, die von dem Unternehmer Vogel begründet wurde. Sieben Jahre später gab es Lunzenau bereits 60 mechanische Webstühle, eine Zahl, die sich innerhalb weiterer sechs Jahre nochmals verdoppelte. Wenige Jahre zuvor hatten hier noch 200 Webermeister und 300 Webergesellen gearbeitet so war es auch ein Webermeister (Carl Friedrich Hupfer), der im Jahre 1867 mit dem Arbeiterfortbildungsverein die erste selbständige Arbeiterorganisation in Lunzenau ins Leben rief (lfd. Nr. 64). Dieser gehörte dann zugleich zu den Gründungsvätern der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei, der auch der hiesige Arbeiterverein beitrat. Einige Jahre später, und zwar 1891, wurde in Lunzenau auch ein Konsumverein gegründet, der fortan im Wirtschaftleben der Stadt eine nicht zu unterschätzende Rolle spielte, worüber sich in den erschlossenen Akten zahlreiche Vorgänge finden lassen (so lfd. Nr. 26, 27, 28 u. 30). Wie überall in Deutschland war auch in Lunzenau in den Jahren 1878 bis 1890 eine legale Betätigung für die Sozialdemokraten unmöglich. Von allen Versammlungen, die den Aktivitäten der verbotenen Partei zugerechnet wurden, liegen Überwachungsprotokolle vor (lfd. Nr. 60). Darüber hinaus setzten sich übergeordnete mit den örtlichen Behörden in Verbindung, um beispielsweise Auskünfte über einen aus Leipzig ausgewiesenen Sozialdemokraten zu erlangen: Dabei handelte es sich um den früheren Dekorationsmaler und nunmehrigen Redakteur Gottlob Friedrich Ernst Nauert, der sich einige Zeit auch in Lunzenau aufgehalten hatte (lfd. Nr. 46). Überregionale Bedeutung erlangte vor allem der sozialistische Dichter und Schriftsteller Max Vogler, welcher der Sozialdemokratie sehr nahestand und vor allem mit Wilhelm Liebknecht, aber auch mit anderen bedeutenden Zeitgenossen in regem Gedankenaustausch stand (lfd. Nr. 42 u. 93). Er prägte auch das hier erscheinende, von Carl Friedrich Schneider herausgegebene Lokalblatt Muldentaler Nachrichten" für kurze Zeit mit. Nach dem Fall des Sozialistengesetzes wuchs die Arbeiterbewegung auch in Lunzenau in die Breite. Die Zahl der Wählerstimmen bei den Stadtverordneten-, Landtags- und Reichstagswahlen wuchs ständig so nahm es nicht wunder, dass der Lunzenauer Bürgermeister im September 1907 schon vor den Wahlmännerwahlen zum Landtag resignierend voraussagte, dass die Sozialdemokratie in der III. Abteilung wohl sämtliche Wahlmänner stellen werde. An den hiesigen Stadtverordnetenwahlen beteiligten sich die Sozialdemokraten mindestens seit dem Jahre 1882 (lfd. Nr. 46). Obwohl sie in der Folgezeit bei den Kommunalwahlen mehrere Mandate erringen konnten, wurden sie noch im Jahre 1913 bei der Besetzung der ständigen Ausschüsse stark benachteiligt (lfd. Nr. 30). Die örtliche Organisation der Sozialdemokratischen Partei wurde vor, während und nach dem Sozialistengesetz streng überwacht, so mussten der Lunzenauer Polizeibehörde vor 1914 alle personellen Veränderungen im Vorstand des hiesigen Wahlvereins gemeldet und sämtliche Versammlungen angemeldet werden, die dann polizeilich observiert wurden (lfd. Nr. 60, 61 und 62). Außerdem entstand auch in Lunzenau um die Jahrhundertwende ein ganzes Netz von sozialdemokratischen Vorfeldorganisationen, wie der Gesangsverein Lyra", der Verein Freie Sänger", die Ortsgruppe des Arbeiter-Radfahrer-Vereins Vorwärts" und der Arbeiter-Turn-Verein (lfd. Nr. 64). Ebenso wuchs die gewerkschaftliche Bewegung in die Breite: Allein im Jahre 1903 wurde in Lunzenau eine Zahlstelle des Verbandes der deutschen Schuhmacher und eine des Verbandes der Bau-, Erd- und gewerblichen Hilfsarbeiter Deutschlands errichtet (siehe ebenda). Besonders aufschlussreich ist in dieser Hinsicht eine aus dem Jahre 1921 stammende Übersicht über alle hier bestehenden Filialen der freigewerkschaftlichen Berufsorganisationen (lfd. Nr. 80). Während des Ersten Weltkrieges verschlechterte sich die wirtschaftliche und soziale Lage der Lunzenauer Bevölkerung zusehends, wie vier entsprechende Berichte aus dem Jahre 1915 belegen (lfd. Nr. 56). Allerdings war in Lunzenau der Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital seit jeher besonders ausgeprägt, so gab es des Öfteren Auseinandersetzungen um Kündigungen, Anträge an die städtische Polizei um Rückführung von Lehrlingen, die aus ihrem Lehrverhältnis ausgebrochen waren (lfd. Nr. 79 u. 80), einen recht hohen Beschäftigungsgrad an jugendlichen Arbeitern, insbesondere in der mechanischen Weberei von Wilhelm Vogel, oder auch Streiks in der Textilindustrie (lfd. Nr. 72, 79 u. 81). Im Fokus stand dabei immer wieder der bereits mehrfach erwähnte Unternehmer Wilhelm Vogel (lfd. Nr. 34, 72 u. 80), der in den achtziger Jahren noch eine Papierfabrik gekauft hatte. In der Folgezeit waren von den 4000 Einwohnern der Stadt bis zu 1000 Personen in seiner Firma beschäftigt. Somit war das Wohlergehen der Lunzenauer Einwohner in hohem Maße von diesem Großunternehmen abhängig. Der genannte Widerspruch zeigte sich auch in den relativ niedrigen Löhnen, die hierorts gezahlt und über die seitens der Stadt am Vorabend bzw. unmittelbar nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs entsprechende Übersichten zusammengestellt worden (lfd. Nr. 68). Solche Verzeichnisse liegen übrigens zudem für das hiesige Handwerk vor (ebenda). Im Dezember 1914 fertigte der hiesige Stadtrat eine Übersicht darüber an, wie sich die Preise für ausgewählte Grundnahrungsmittel seit Juli d. J. entwickelt hatten (lfd. Nr. 57). Die gesamte Situation spitzte sich dann im Herbst 1918 auch in Lunzenau zu, wie nicht zuletzt aus einem im Oktober durch die Stadtverwaltung verfassten Bericht über die immer angespanntere Versorgungslage der Bevölkerung hervorging (lfd. Nr. 58). Es nahm daher kein Wunder, dass Lunzenau im November 1918 ebenfalls von der revolutionären Bewegung erfasst wurde: Hierorts bildete sich wie an nahezu allen Orten ein Arbeiter- und Soldatenrat, der im Unterschied zu anderen Städten relativ stark in das politische Leben eingriff und der über sein Wirken auch öffentlich Rechenschaft ablegte (lfd. Nr. 30) dagegen wurde hier auf die Bildung von Bauern- und Landarbeiterräten aus naheliegenden Gründen verzichtet (lfd. Nr. 77). In den zwanziger/dreißiger Jahren entwickelte sich Lunzenau zu einer Hochburg der Arbeiterbewegung, so errangen die drei Arbeiterparteien (SPD, USPD und KPD) bei den Stadtverordnetenwahlen am 13. November 1921 zwei Drittel aller Mandate (lfd. Nr. 13). Kennzeichnend für das Verhältnis von SPD und KPD in Lunzenau war im Unterschied zu den vielerorts ausgefochtenen Bruderkampf ein sehr pragmatischer Umgang miteinander, so gingen die linken Parteien bei den Stadtverordnetenwahlen in den zwanziger Jahren immer wieder Listenverbindungen ein (lfd. Nr. 13 und 14), so unterstützten im Januar 1924 die Kommunisten die Wahl des Sozialdemokraten Vogel zum 1. Stadtverordnetenvorsteher und die Sozialdemokraten ihrerseits die Wahl zweier Kommunisten zu seinem ersten bzw. zweiten Stellvertreter (lfd. Nr. 14 u. 20), so trat die KPD im darauffolgenden Jahr für die Wahl eines sozialdemokratischen Bürgermeisterstellvertreters bzw. im Dezember 1928 sogar für die Wahl eines SPD-Bürgermeister ein (lfd. Nr. 20, 21 u. 44) und so wurde mit Unterstützung der Sozialdemokraten am 27. Januar 1926 ein Kommunist zweiter Vertreter des Bürgermeisters in Polizeiangelegenheiten (lfd. Nr. 16). Als am 1. Mai 1928 auf Betreiben der beiden Arbeiterparteien sogar die rote Fahne auf dem Lunzenauer Rathaus gehisst wurde, liefen die bürgerlichen Vertreter in der Stadtverordnetenversammlung dagegen Sturm, freilich blieb ihnen der Erfolg versagt (lfd. Nr. 33, 34 u. 34). Allerdings kühlte sich Ende der zwanziger/Anfang der dreißiger Jahre das Verhältnis zwischen den örtlichen Organisationen von KPD und SPD infolge der von der kommunistischen Parteiführung vertretenen Sozialfaschismusthese merklich ab, wenngleich die Lunzenauer Kommunisten auch jetzt nicht ideologische, sondern soziale Fragen in den Mittelpunkt ihrer politischen Arbeit rückten (lfd. Nr. 21 u. 22). Bereits im Jahre 1926 hatte es in der hiesigen Industrie eine erste Entlassungswelle gegeben (lfd. Nr. 78), wobei Lunzenau auf Grund seiner stark exportorientierten Industrie von der Weltwirtschaftskrise in besonders hohem Maße getroffen wurde. Beide Arbeiterparteien suchten durch eine Vielzahl von Anträgen in der Stadtverordnetenversammlung die größte Not zu lindern, so trat die SPD im Februar 1927 für die Verteilung von Kartoffeln und Kohlen an bedürftige Familien sowie für die Gewährung von Konfirmandenbeihilfen (lfd. Nr. 90) und im März 1929 für die Durchführung von Notstandarbeiten ein (lfd. Nr. 21 u. 34). Die KPD setzte sich ihrerseits mehrfach für die Herabsetzung des Gas- und Strompreises ein (lfd. Nr. 26 u. 31). Ungeachtet dessen waren die Lunzenauer Arbeitslosenzahlen bis in die Mitte der dreißiger Jahre sachsenweit mit die relativ höchsten. Der Realitätssinn der hiesigen Sozialdemokraten offenbarte sich auch darin, dass sie im Unterschied zu der von ihrer Partei nahezu überall betriebenen Legalitätspraxis" bemerkenswerterweise darauf verzichteten, an den unmittelbar nach der Machtergreifung durch die National- sozialisten in Lunzenau stattfindenden Stadtverordnetenwahlen noch teilzunehmen (lfd. Nr. 15). Nach der faschistischen Machtergreifung wurden alle Arbeiterorganisationen, darunter das hiesige Arbeiter-Kultur- und Arbeiter-Sportkartell, verboten. Ihre sämtlichen Gelder und Gegenstände, insbesondere die der SPD, des Arbeitersamariter-Bundes und des Arbeiter-Turnvereins Vorwärts", wurden beschlagnahmt (lfd. Nr. 36, 66, 84, 88 u. 89). Das Vermögen wurde dann unter Zwangsverwaltung gestellt, wobei es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit dem eingesetzten Treuhänder kam (lfd. Nr. 88). In Lunzenau wurden auch zahlreiche ehemalige KPD- und SPD-Funktionäre bzw. Mitglieder in Schutzhaft genommen (lfd. Nr. 89), wobei die Auswahl nach den den Polizeibehörden vorliegenden Mitgliederlisten erfolgte (lfd. Nr. 82). Der Lunzenauer Arthur Dorsch wurde durch die SS sogar in Sonderhaft genommen, aus der er erst im August 1934 entlassen wurde (lfd. Nr. 89). Auch nach der Haftentlassung erfreuten" sich die ehemaligen Schutzhäftlinge der besonderen Aufmerksamkeit durch die Lunzenauer Polizei, die pedantisch kontrollierte, ob sie ihre Wohnung nach 20 Uhr auch nicht mehr verließen oder ob sie ihrer Meldepflicht stets nachkamen (lfd. Nr. 85, 87 u. 90). Immer wieder ergingen Anweisungen zur Bekämpfung marxistischer Umtriebe" an die hiesige Polizeibehörde, so im Juli 1935, als sie darüber berichten sollte, ob sich ehemalige Mitglieder der Arbeiterparteien gegenüber den Behörden und Parteidienststellen aufsässig verhielten (lfd. Nr. 87), oder im Mai/Juni 1937, als sämtliche Unterlagen, die über die Mitglieder (Verzeichnisse) oder auch nur über einzelne Personen der verbotenen Arbeiterparteien bzw. -organisationen Auskunft gaben, an die zuständige Staatspolizeistelle abgegeben werden sollten (ebenda). 2012, Taschenbuch, wie neu, 210x148 mm, 170g, 1. 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9783864640100 - Herausgeber: Matthias John, Bearbeitung: Matthias John: Sachinventar zur Sozialgeschichte der Stadt Lunzenau unter Berücksichtigung der örtlichen Arbeiterbewegung
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