Der Zug blieb stehen - Gedächtnisprotokolle von Kriegskindern
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+++ Seiten sauber, leichte Gebr.-Spuren (Druckstelle) am Einband +++ Da saßen wir nun in ein langes Gespräch vertieft, wir sprachen über Trauer und Verluste. Und wie so oft in solchen Gesprächen werden ganz tief verborgene, beinahe vergessene Verluste wieder wach. Heimatverlust! Ich fragte nach. Und dann sagte sie: "Wir waren damals auf der Flucht von Breslau gen Westen, nach Dresden, meine Mutter und ich. Schon ein paar Züge waren übervoll an uns vorbei gefahren. Endlich hielt ein Zug und wir zwängten uns hinein. Und dann - der Zug blieb stehen - auf freier Strecke. Es war kein Fliegeralarm, kein Angriff, nichts. Die Menschen quollen aus dem Zug und starrten auf einen riesigen Feuerschein, auf das brennende Dresden." Ich war erschüttert, meine Mutter hatte mir das Gleiche erzählt. Kurze Zeit später, beim Jubiläum der Deutsch-Polnischen Gesellschaft sah ich einen Bekannten. "Wieso sind Sie hier?" fragte ich. "Ich komme aus dem ehemaligen Schlesien, auf der Flucht wurde ich geboren. Meine Mutter erreichte den letzten Zug nach Westen. Er blieb auf freier Strecke stehen. Vor uns lag das brennende Dresden." Als ich das jemandem erzählte, sagte ein scheinbar unbeteiligter Zuhörer auf einmal "auch die Familie meiner Frau war damals auf der Flucht. Sie war in einem Zug nach Dresden. Der Zug blieb stehen, auf freier Strecke ..." Und jedes Mal, wenn ich dies erzähle, fügt sich eine neue Geschichte an, und immer wieder heißt es "der Zug blieb stehen". Daraus entstanden Ausstellung und Buch "Der Zug blieb stehen". Portraitfotos der Menschen und Ihre Geschichten, ergänzt durch ähnliche Erlebnisse sind das Thema. Die persönlichen Erinnerungen von Menschen, welche die Schrecken des Zweiten Weltkrieges als Kinder erlebt haben, sind das Thema des ungewöhnlichen Buch- und Ausstellungsprojektes Der Zug blieb stehen, das nach drei Jahren nun wieder in der Galerie Röver zu sehen ist. In Westdeutschland wurden viele der zwischen 1930 und 1945 Geborenen nach dem Ende des Krieges relativ schnell zu Kindern des Wirtschaftswunders. So waren sie i.d. folg. Jahrzehnten i.d. Regel mit Karriere, Familiengründung u. Vermögensbildung beschäftigt. Die Erinnerung A.d. schlechte Zeit wurde n. Kräften verdrängt. Erst seit sich auch die Jüngsten aus der Kriegskinder-Generation dem Rentenalter nähern, wächst die Bereitschaft, über jenes dunkle Kapitel in der eigenen Lebensgeschichte nachzudenken. Galeristin Sabine Röver, selbst ehem. Kriegskind, hat Aussagen v. Zeitzeugen gesammelt u. aufgezeichn. Der Fotograf Willy Weihreter Ill. die Texte m. Bildern, die v.A. deren emotionalen Gehalt sichtbar machen wollen. Die Zeitzeugen erzählen v. Bombenangriffen u.v. Luftschutzräumen, von Flucht und Evakuierung. Sie beschreiben ihre Verunsicherung und ihre Orientierungslosigkeit, das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, die Angst verschütt zu gehen. Weihreter hat all das m. seinen großformat. Fotos anzudeuten vers. Er arbeitet mit Unschärfen und Überblendungen, verwendet bedrückende Symbole wie den auf freiem Feld abgehängten Eisenbahnwagen oder d.Schienenstrang, d. in e. nebliges Nirgendwo zu führen scheint. Am beeindr. sind S. expressiv verfremdeten Nahaufnahmen v.d. Gesichtern der Erzählerinnen und Erzähler, die wie das Vorweisen alter, nur oberflächlich vernarbter Wunden wirken. Za Text von Bernd Zachow, Nürnberger Nachrichten, 22.12.2007, Hardcover/gebunden, leichte Gebrauchsspuren, 400g.

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Da saßen wir in ein langes Gespräch vertieft, wir sprachen über Trauer und Verluste. Und wie so oft in solchen Gesprächen werden ganz tief verborgene, beinahe vergessene Verluste wieder wach. Ganz beiläufig, in einem Nebensatz klang es an, zum Schluss, beim Verabschieden. Mit seltsam tonloser, kaum hörbarer Stimme sagte sie etwas von der verlorenen Heimat. Ich fragte nach. "Wir waren damals auf der Flucht von Breslau gen Westen, nach Dresden, meine Mutter und ich. Schon ein paar Züge waren übervoll ohne uns weiter gefahren. Es gab noch Züge, überfüllt mit Flüchtlingen, ohne Fahrplan, ohne wirkliches Ziel. Endlich hielt ein Zug und wir zwängten uns hinein. Und dann - der Zug blieb stehen - auf freier Strecke, es war kein Fliegeralarm, kein Angriff, scheinbar ohne Grund. Die Menschen quollen aus dem Zug und starrten auf einen riesigen Feuerschein, auf das brennende Dresden. Die Erde bebte und nicht weit hinter uns grollte die Front, bedrohlich nah." Ich erschrak, denn ich erinnerte mich: meine Mutter hatte mir die gleiche Geschichte erzählt. Es waren fast die selben Worte. Gebundene Ausgabe, Label: Photo Publishing, Photo Publishing, Produktgruppe: Book, Publiziert: 2007, Studio: Photo Publishing, Verkaufsrang: 2402016.

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Da saßen wir in ein langes Gespräch vertieft, wir sprachen über Trauer und Verluste. Und wie so oft in solchen Gesprächen werden ganz tief verborgene, beinahe vergessene Verluste wieder wach. Ganz beiläufig, in einem Nebensatz klang es an, zum Schluss, beim Verabschieden. Mit seltsam tonloser, kaum hörbarer Stimme sagte sie etwas von der verlorenen Heimat. Ich fragte nach. "Wir waren damals auf der Flucht von Breslau gen Westen, nach Dresden, meine Mutter und ich. Schon ein paar Züge waren übervoll ohne uns weiter gefahren. Es gab noch Züge, überfüllt mit Flüchtlingen, ohne Fahrplan, ohne wirkliches Ziel. Endlich hielt ein Zug und wir zwängten uns hinein. Und dann - der Zug blieb stehen - auf freier Strecke, es war kein Fliegeralarm, kein Angriff, scheinbar ohne Grund. Die Menschen quollen aus dem Zug und starrten auf einen riesigen Feuerschein, auf das brennende Dresden. Die Erde bebte und nicht weit hinter uns grollte die Front, bedrohlich nah." Ich erschrak, denn ich erinnerte mich: meine Mutter hatte mir die gleiche Geschichte erzählt. Es waren fast die selben Worte. Gebundene Ausgabe, Label: Photo Publishing, Photo Publishing, Produktgruppe: Book, Publiziert: 2007, Studio: Photo Publishing, Verkaufsrang: 2402016.

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