Der Sommer der nur uns gehörte

In Jenny Hans Der Sommer der nur uns gehörte entfaltet sich eine getaktete Träumerinnenschau, in der die Protagonistin Belly auf dem schmalen Grat zwischen Kindheitserinnerung und Erwachsensein wandert. Die erzählerische Bahn kreist um Verlangen, Loyalität und die unberechenbare Logik der ersten Liebe, die sich gegen die Gewissheiten der Familie und der Freundschaft zu behaupten versucht. Han zeichnet Belly als Beobachterin, derenPoint of view sowohl zögernde Selbstzweifel als auch eine subtile, fast poetische Intuition für das, was hinter den sichtbaren Momenten liegt, freilegt. Die Erzählung operiert mit wiederkehrenden Motiven von Sonne, Meer und der flüchtigen Wärme von Sommertagen, die zugleich eine metaphysische Wärme des Herzens bedeuten. Konflikte entstehen dort, wo Erwartungen – andere Menschen, die Zukunft, die eigene Geschichte – mit dem Drang nach Selbstbestimmung kollidieren. Die Romankomposition verweilt an den Schwellenzuständen: zwischen Entscheidung und Stillstand, zwischen den sicheren Wegen der Vergangenheit und den riskanten Pfaden der Gegenwart. Charakterlich arbeitet Hans Arbeit am Innenleben des Mädchens Belly in feinen Nuancen: ein Blick, der mehr verrät als Worte, eine Stimme, die zaghaft, doch beharrlich nach Klarheit sucht. Die Dynamik zwischen Belly, Conrad und Jeremiah entfaltet sich nicht als bloßes Dreiecksdrama, sondern als Spiegel menschlicher Zweifel, in dem Liebe sowohl Öffnung als auch Verletzlichkeit bedeutet. Die Textur des Romans trägt eine leise Melancholie, ohne in Zynismus zu kippen, und liefert zugleich eine subtile Reflexion darüber, wie Entscheidungen unser Verständnis von Nähe und Zugehörigkeit formen.