Kurzprosa um 1900

In der Textsammlung Kurzprosa um 1900 versammelt der Herausgeber Scheffel eine kompakte, doch vitale Querschnittsdarstellung der kurzen Prosa um die Jahrhundertwende. Die Auswahl spannt einen Bogen von Prosagedichten über Novelletten bis hin zu abrupten, drei Minuten langen Erzählformen, die als konzentrierte Kunstprinzipien fungieren. Zugleich wird deutlich, wie die kurze Form neue literarische Freiräume eröffnete und oft mit ironischem oder skurrilem Blick auf Gesellschaft und Alltag blickte. Die Texte zeichnen sich durch prägnante Sprache, pointierte Wendungen und eine Neigung zur Verdichtung aus, die das Wesentliche in wenigen Zeilen sichtbar macht. Helden und Milieus erscheinen in Miniaturen, die dennoch vielschichtig bleiben und literarische Gattungsgrenzen spielerisch infrage stellen. Der Band versteht sich als repräsentatives Manifest einer Epoche, in der das Kürzere als ästhetische Zenitform galt. Leserinnen und Leser begegnen so einer literarischen Spielwiese, auf der Form, Tempo und andeutungsreiche Bilder zentrale Bedeutung gewinnen. Die Zusammenstellung bietet sowohl Orientierung als auch Entdeckungspotenzial für jene, die die kulturelle Kulisse der Zeit zwischen Symbolismus und Moderne spiegeln wollen.